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Microsoft und Open Source: Vom Saulus zum Paulus!

Vor noch nicht so langer Zeit galt Microsoft als das Böse schlechthin in Bezug auf Open Source. Und zum Ende der Ära Steve Ballmer hatte man manchmal das Gefühl, Microsoft würde komplett abgehängt. Sieht man sich Microsoft heute an, erkennt man eine Firma die Ihr Geschäftsmodell wandelt und erstaunlich gut an den veränderten Bedürfnissen der Kunden ausrichtet. Und in Bezug auf Open Source hat Microsoft in den letzten Jahren eine Kehrtwende vollzogen und bereits einige Produkte und Technologien öfffentlich zugänglich gemacht. Ein Gespräch mit Andreas Urban, Open Source Lead in Deutschland.

(Lesedauer: 4 Minuten)

Andreas, erkläre kurz was Deine Rolle bei Microsoft ist und wie Deine Arbeit konkret aussieht?

Als Open Source Lead habe ich die Gesamtsicht auf das Open-Source-Geschäft von Microsoft Deutschland. Ziel ist es, unsere Kunden dabei zu unterstützen, ihre bevorzugten Open-Source-Technologien einfach und effizient auf der Microsoft Plattform zu betreiben. Dabei umfasst mein Aufgabenbereich die Förderung des Einsatzes von Open-Source-Technologien bei Microsoft, der Austausch mit Open-Source-Communities sowie die Bereitstellung von lokal relevanten Open-Source-Lösungen über die Microsoft Azure Cloud-Plattform.

Microsoft hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt. Ein solcher Wandel ist in einer so großen Firma ein gewaltiges Husarenstück. Wie wurde dieser Wandel angestoßen?

Aus meiner Sicht ging dieser Wandel fließend von statten. Ich hatte die Möglichkeit diese Reise über mehrere Jahre zu beobachten. Die ersten Meilensteine, an die ich mich erinnere, waren die Ankündigung der Microsoft OSS-Verwaltungsplattform Codeplex im Jahr 2006 und gleich danach die Anerkennung zweier Microsoft Open-Source-Lizenzen durch die OSI im Jahr 2007. Im Juli 2009 gab es dann Schlagzeilen wie „pigs can fly“ oder „hell freezes over“, als Microsoft 20’000 Zeilen Code zum Linux Kernel beisteuerte. Und letztendlich mündete diese Reise in der Verfügbarkeit von Linux VMs auf Microsoft Azure. Wir kamen also Schritt für Schritt der Nachfrage unserer Kunden an Open-Source-Technologien auf der Microsoft Plattform nach.

Andreas Urban

Microsoft ist für viele immer auch noch der „Developers, Developers…“ schreiende Steve Ballmer. Nach und nach ändert sich das Image – gibt es diesbezüglich eine Strategie?

Ich sehe sehr oft bei Kundenterminen oder auf Veranstaltungen, dass die neue Offenheit von Microsoft sehr gut angenommen wird. Vor einigen Jahren hätte wohl niemand erwartet, dass wir Office 2016 zuerst für den Mac launchen, dass wir Linux so stark unterstützen oder viele unserer Repositories auf GitHub zur Verfügung stellen. Mittlerweile wird es in der Community immer selbstverständlicher. Diese Offenheitsstrategie werden wir weiterführen und ausbauen.

Welche Rolle spielt Open Source in der Microsoft Gesamtstrategie?

Die Unterstützung von Open-Source-Technologien sowie die Bereitstellung von Microsoft Quellcode wie z.B. .NET Core ist heute ein integraler Bestandteil der Microsoft Strategie. Wir investieren sehr stark in diesen Bereich und bauen intern sowie extern mit unseren Partnern Kapazitäten auf. Cloud Services wie z.B. HDInsight sind Eigenimplementierungen von Open-Source-Projekten, bei denen Weiterentwicklungen an die Community zurückgehen. OSS-Content-Management-Systeme stehen unseren Kunden als Platform-as-a-Service auf Azure zur Verfügung, indem Lösungsanbieter ihre Open-Source-Images im Azure Marketplace zur Verfügung stellen. Laufend kommen neue Partnerschaften mit namhaften Open-Source-Anbietern zum Tragen, wie die kürzlich angekündigte Zusammenarbeit mit Red Hat. Und es gibt eine Vielzahl von weiteren Beispielen, die die Rolle von Open Source innerhalb der Microsoft Cloudangebote sehr deutlich machen.

Was heißt das konkret im Doing? Welche Initiativen verfolgt ihr?

Die Initiativen in diesem Bereich sind sehr breit gefächert. Communities unterstützen wir mit Sponsorships und Code Contributions. Open-Source-Entwickler finden für Azure verschiedene Open Source Development Kits oder plattformübergreifende Tools wie z.B. das x-plat Command Line Interface, ein in JavaScript geschriebenes Kommandozeilen-Tool für Linux oder Mac, das mit dem Azure SDK für Node.js installiert wird und plattformübergreifende Befehle und Funktionen zur Verwaltung von Cloud Services oder virtuellen Maschinen zur Verfügung stellt. Für unsere Open-Source-Partner haben wir eine OSS Partner Community ins Leben gerufen, der wir einen näheren Zugang zu unseren Engineering Teams bieten. Für unsere Kunden bieten wir Workshops zu Linux auf Azure an. Die Initiativen im Open-Source-Bereich sind ebenso breit angelegt wie die Verfügbarkeit von Open-Source-Technologien auf Azure.

Wie siehst und segmentierst Du die Microsoft Community?

Aus meiner eigenen Open-Source-Sicht segmentiere ich nicht mehr. Interne Cloud-Architekten kommen heute oft aus dem Linux- und Open-Source-Umfeld. Externe Microsoft Community-Mitglieder wie MVPs oder Student Partner, veröffentlichen Blogposts zu OSS-Technologien auf Azure, Microsoft Gold Partner haben einen Partner Status bei Linux-Anbietern. In der Cloud-Welt verschwimmen die traditionellen Segmentierungen zusehends.

Mittlerweile nimmt man Open Source Microsoft mehr und mehr ab. Welche Türen öffnen sich dadurch?

Wir arbeiten heute mehr und mehr mit Kunden, Partnern und Communities zusammen, die wir früher weniger auf dem Radar hatten. Ein Beispiel hierfür sind Digitalagenturen. Mit Open Source auf Azure, aber auch mit Diensten wie den Azure Media Services, bieten wir den Agenturen attraktive und gewohnte Technologien als hochskalierende und sichere Dienste, um im Agenturbusiness erfolgreich zu sein. In der Kombination mit Co-Selling-Aktivitäten öffnen sich hier Türen für beide Seiten.

Wo siehst Du Microsoft in Bezug auf OpenSource in 3 Jahren?

Die Reise des Miteinanders wird weitergehen. Durch das schnelle Wachstum des Public Cloud Marktes, die tragende Rolle von Open Source in diesem Bereich und den immer kürzer werdenden Produkt- und Innovationszyklen, bin ich gespannt, ob man diesbezüglich in drei Jahren überhaupt noch differenziert.

Vielen Dank, Andreas, für Deine Zeit.

 

 

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